Zusammenfassung
Ziel der Studie: Mit dem Modellprojekt eines Regionalen Budgets wurde untersucht, zu welchen strukturellen
Veränderungen ein Finanzierungssystem führt, das eine (klinische) Behandlung ermöglicht,
welche die starren Finanzierungsgrenzen überwindet und die flexible Behandlung in
verschiedenen Settings ermöglicht.
Methodik: In einer Region in Schleswig-Holstein (Kreis Steinburg) wird seit 2003 gemeinsam
mit allen Krankenkassen ein Finanzierungssystem erprobt, das nicht mehr auf Behandlungstagen
oder einzelnen Behandlungsfällen basiert, sondern das Budget für die setting übergreifende
psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung zur Verfügung stellt.
Ergebnisse: Innerhalb von 5 Jahren wurde in der Versorgungsregion die Zahl der vollstationären
Behandlungsplätze deutlich reduziert. Die Verweildauer pro Patient und Jahr nahm um
etwa 25% ab. Teilstationäre und ambulante Behandlungsangebote wurden deutlich ausgebaut
und neue Behandlungskonzepte etabliert. Die Behandlungsqualität blieb gesichert.
Schlussfolgerungen: Ein Regionales Budget ist geeignet, grundlegende strukturelle und inhaltliche Veränderungen
der psychiatrischen Versorgung zu bewirken. Es kommt zu einer deutlich verbesserten
Flexibilität gegenüber den bisherigen Versorgungsstrukturen, Anreize zur Fehlsteuerung
werden reduziert. Der Grundsatz „ambulant vor stationär” wird gestärkt. Das Finanzierungssystem
kann auf andere Regionen übertragen werden, wobei je nach Struktur der Versorgungsregion
Modifikationen erforderlich scheinen.
Abstract
Objectives: In a region of Schleswig-Holstein, a regional budget was used to investigate which
structural changes could be brought about by a financial plan which enables (clinical)
treatment that defies rigid financial limits and makes flexible treatment in various
settings possible.
Methods: Since 2003 in a region in Schleswig-Holstein (Steinburg) a financing system has been
tested in cooperation with all health insurances. It is no longer based on days of
treatment or individual treated cases, instead a budget has been made available for
the setting of interdisciplinary psychiatric and pyschotherapeutic management.
Results: In 5 years, the number of inpatient treatment places in the care region was reduced
considerably. The length of stay per patient and year decreased by 25%. Day care and
outpatient treatment offers were expanded substantially and new treatment concepts
were established. The quality of treatment remained safeguarded.
Conclusions: A regional budget is suitable for bringing about fundamental changes in terms of
content and structure in psychiatric care. The result is clearly improved flexibility
as compared to previous care structures; incentives for disorders are reduced. The
principle “outpatient before inpatient” is strengthened. The financial plan can be
transposed onto other regions, whereby modifications according to the structure of
the care region may be necessary.
Schlüsselwörter
psychiatrische Versorgung - Finanzierungssystem - regionales Budget - Versorgungsforschung
Key words
mental health services - mental health care - regional budget - allocation for resources
- health services research
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Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. A. Deister
Zentrum für Psychosoziale
Medizin
Klinikum Itzehoe
Robert-Koch-Straße 2
25524 Itzehoe
Email: a.deister@kh-itzehoe.de